Am 8.7.2006 verließen wir um 11.30 Uhr Wien und kamen rd. 6,5 Stunden später in Konstanz an. Wir fuhren über Passau, Deggendorf, München, Lindau, Meersburg und schließlich mit der Fähre über den Bodensee nach Konstanz.
In Konstanz angekommen, blieben wir für Michi im örtlichen Krankenhaus stehen, da er sich vor Antritt der strapaziösen Tour seine Hals-, Arm- und Nackenschmerzen, begleitet von sehr leichtem Fieber, untersuchen lassen wollte. Der Arzt stellte jedoch nur eine harmlose Virusinfektion fest, dh. die Tour war nicht gefährdet. Vor dem Krankenhaus sahen wir noch, wie eine Entenfamilie einen Kanaldeckel überquerte und ein Kücken dabei abstürzte. Leider fiel es so unglücklich, dass wir es trotz Öffnen des Kanaldeckels nicht retten konnten, also sagten wir dem Portier bescheid, damit er weitere Rettungsmaßnahmen einleiten konnte.
Schließlich kamen wir bei meiner Tante an, wo wir unser Nachtquartier bezogen. Wir besuchten noch einen Freund von meiner Tante, der uns köstliche Speisen und jede Menge Ouzo servierte. Den Ouzo deshalb, weil gerade die Fussball-WM in Deutschland lief, und soeben das Halbfinale Deutschland - Portugal lief, das 3:1 für Deutschland ausgegangen ist. Mit einem leichten "Damenspitz" gingen wir schließlich schlafen.
Nachdem Michi seine 3 Rucksäcke und Taschen hin und her geschlichtet hatte, konnten wir nach einem Frühstück die Tour beginnen. Die Vorfreude war schon groß. In Konstanz haben wir uns gleich verfahren, da ich eine Abzweigung übersah. Das schlimme daran war, dass dieses Stück zuviel ziemlich steil bergab zum See runter ging, dh. einerseits hatten wir dadurch einen sehr großen unnötigen Bremsstoppelverschleiß und andererseits mußten wir das wieder zurück bergauf fahren...
Die Etappe war eigentlich ein Horror - es gab zwar großteils einen super Asphalt, aber wir hatten ziemliche Steigungen (bis zu 200 Höhenmeter) und ein paar Sandstraßen dabei. Die Sandstraßen waren teilweise hart genug, um darauf fahren zu können, teilweise mußten wir jedoch die Turnschuhe anziehen. Michi bekam gleich zu Beginn der Tour recht große Blasen auf der Innenseite beider Füße, wodurch wir einige Pausen zur Erstversorgung einlegen mußten.
Die Abfahrt nach der großen Steigung war nicht so lustig, da wir auf einer mäßig befahrenen Straße steil bergab (8 %) fahren mußten. Der Speed war so hoch, dass ich meine rechte Kontaktlinse verlor, und daher "einäugig" weiter bergab fahren mußte. An Bremsen war durch die hohe Geschwindigkeit nicht zu denken.
Durch einige Zeitverzögerungen aufgrund diverser Pannen (s.o.) passierte der SUPERGAU - ich verpasste nämlich um 28 Minuten das WM-Finale zwischen Italien und Frankreich, bei dem es zu diesem Zeitpunkt bereits 1:1 stand! Die erste Hälfte schauten wir noch im Hotelzimmer fertig. Nach der Pause gingen wir ins nahegelege Steakhouse und völlerten so richtig (Rumpsteak & Co). Auf einer Riesenleinwand schauten wir dort das Finale fertig und sahen mit an, wie Italien nach dem Elferschießen Weltmeister wurde. In Friedrichshafen gab es danach eine riesige Straßenfeier in der Stadt. Es hatte den Anschein, als ob dort mind. 50% Italiener leben...
Das Frühstück in unserem Hotel in Friedrichshafen war für österreichische Verhältnisse mehr schlecht als recht - guter Kaffee ist nun einmal für uns Österreicher ein wichtiger Nährstoff! Die Etappe verlief bis zu Mittag ganz gut. Der Asphalt war wieder einmal großteils super, jedoch schlichen sich wieder einige Schotterwege und Pflastersteine in den Städten ein. Auf einem Schotterweg haben wir uns verfahren, da dieser in der Radkarte falsch eingezeichnet war. Diese Umwege sind für uns recht schmerzhaft.
Durch geniale Abkürzungen über Bundesstraßen konnten wir bei der Nachmittagsetappe die zuviel gefahrenen Km am Vormittag gut machen. Allerdings wurden Michis Blasen an den Füßen immer größer... Wir suchten daher ehestmöglich eine Apotheke auf, wo wir neben Blasenpflastern auch Diana mit Menthol kauften. Dies war abends tatsächlich Balsam auf unseren Beinen. Die Ankunft in Arbon war sehr schön, da die Stadt an sich sehr schön am Bodensee gelegen ist und das Hotel (Rotes Kreuz) ausgezeichnet war. Nicht zuletzt auch deshalb, weil wir dort eine Wiener Kellnerin antrafen.
Nach einem Bankomatbesuch und dem Einkauf von einigen Trinkflaschen sollte uns noch ein sehr schwierigier Tag bevorstehen. Der Tag begann schon damit, dass wir nicht ausgeschlafen waren (lag vermutlich an der Wiener Kellnerin, mit der wir am Vorabend noch an der Cocktailbar zusammen saßen).
Am Vormittag mußten wir wegen Michis Blasen noch eine 1-stündige Notoperation am Kinderspielplatz durchführen. Michi hatte so höllische Schmerzen, dass wir seine Blasen erneut versorgen mußten. Nach dem Anbringen von riesigen Blasenpflastern und dicken Verbänden, setzten wir die Fahrt fort.
Der Asphalt war (wie schon gewohnt) sehr gut. Kurz nach der Mittagspause passierte uns eine Riesen-Verfahrerei in Konstanz, da nix gescheit angeschrieben war und sich selbst die Einheimischen nicht gescheit auskannten. Wir fühlten uns a bisi gerollt... Die Etappe ging teilweise an stark befahrenen Straßen entlang. Michi ist am Vormittag und Nachmittag jeweils 1x gestürzt, wobei Gott sei Dank nichts schlimmeres passiert ist (war eher ein Hofknicks bei geringer Geschwindigkeit für die Galerie). Bei einem anderen Ausweichmanöver von Michi mußte ein Tonblumentopf am Fensterbrett einer Engstelle als Bremse herhalten. Das erschrockene Besitzerehepaar lehnte jedoch einen finanziellen Ausgleich ab (Danke!).
Am Nachmittag mußten wir oft die Schienen der Lokalbahn überqueren und oftmals auf und ab fahren, dh. es war sehr hügelig. In den Ortschaften trafen wir oftmals Pflastersteine an, die uns schon zum Feind wurden. Auf der kürzesten Etappe der Tour sind wir trotzdem schwer gezeichnet und abgekämpft in Stein/Rhein angekommen (Hotel zur Ilge). Es war sogar schon so spät (20:30 Uhr), dass unser Zimmer wieder vergeben wurde. Dafür bekamen wir dann ein 4-Bettzimmer. Das nobel gelegene Hotel war sehr teuer, aber das Bier umso besser.
Auf dieser Etappe hatten wir katastrophale Steigungen und Abfahrten bis zu den Rheinfällen/Schaffhausen. Kurz vor Büsingen führte uns die Radkarte in die Irre, da ein Weg falsch eingezeichnet war. So verließen wir die Bundesstraße auf einen Radweg, der jedoch ca. 2 km lang geschottert war. Dadurch, dass wir heute bereits zum 2. Mal Schuhe anziehen mußten, haben wir viel Zeit verloren. In Schaffhausen mußten wir schließlich zum 3. Mal heute relativ weit zu Fuß gehen (Schotterweg bis zu den Rheinfällen).
Die Rheinfälle waren aufgrund des hohen Wasserstandes sehr impossant. An der dortigen Bootsanlegestelle fuhren wir mit der Fähre ca. 7 km bis Rheinau. Dort haben wir unter orkanartigen Verhältnissen einen Kaffee getrunken. Auf der Fähre erlebten wir erstmals einen Regen, der jedoch nur 10 Min. anhielt. Die darauffolgende Bewölkung tat uns sehr gut, da uns die Hitze zuvor ziemlich zusetzte. Nach der Kaffeepause habe ich mich wieder einmal verfahren, was uns einen Umweg von ca. 1 km einbrachte. In weiterer Folge ist Michi wieder gestürzt, da er bei einem Stein hängenblieb. Passiert ist zum Glück nichts. In den Waldstücken hatten wir heute besonders mit zahlreichen Gelsen zu kämpfen.
Durch die zahlreichen Abfahrten dieser Etappe auf groben Asphalt haben wir unsere Bremsstoppeln bereits bis zur Minimummarkierung abgefahren. Ich hatte sogar erst 2 Tage zuvor meinen Reservestoppel gewechselt! Die Mission Impossible schien damit kurzfristig gefährdet zu sein, da wir weit und breit kein Sportgeschäft antrafen. Wir hofften, in Bad Zurzach ein solches zu finden. Michis Blasen schmerzten immer mehr...(ohne Aussicht auf Besserung). Das Hotel in Bad Zurzach (Hotel Zur Waag) war echt nobel - sehr schön gelegen und tolles Essen. Michi bestellte sich aus Neugierde als Nachspeise das "Zurzi Gschlabber" (sah im Gegensatz zum Namen echt toll aus).
Der erste Weg nach dem Frühstück führte uns in das örtliche Sportgeschäft. Inline-Skates gab es dort zwar keine, jedoch fanden die Betreiber noch einige Ersatzteile in der hintersten Ecke des Geschäftes. Diese resultierten aus der Zeit, als auch dort mal Inline-Skates modern waren und verkauft wurden. So konnten wir die dringend benötigten Bremsstoppeln ergattern.
Nach einigen Km meldeten sich wieder mal Michis Blasen durch höllische Schmerzen. Wir machten daher nach 6 km in Koblenz gleich wieder Pause. Bis Laufenburg war die Etappe sehr durchwachsen. Zeitweise hatten wir super Asphalt und teilweise nur Sand und Schotter. Weiters ging es viel auf und ab und die Radkarte hatte auch wieder einige Fehler. Aufgrund weiterer bevorstehender Sand-/Schotterwege beschlossen wir, ein Stück von rd. 18 km mit dem Zug entlang unserer Route zu fahren (Laufenburg bis Schwörstadt). Dies war auch deshalb notwendig, da wir sonst ein Zeitproblem bekommen hätten, da wir trotz Zugfahrt erst um 20:30 Uhr in Basel (Badischer Bhf.) eintrafen. Diese Etappe war mit 77,5 km die längste und eigentlich zu lange (ohne Hilfe).
Nach Basel rein war die Strecke sehr schön zu fahren, aber trotzdem begegneten wir immer wieder Sand-/Schotterstücken. Vom Rhein haben wir die ganze Zeit nur recht wenig mitbekommen, da der Streckenverlauf ein Stückchen dahinter liegt. Nach einem Beweisfoto vor dem Bahnhof in Basel setzten wir uns ins wirklich feine Bahnhofsrestaurant. Ca. 15 Min. bevor der letzte Zug nach Konstanz fuhr, kamen wir drauf, dass das so ist... Dies verdankten wir dem Zugfahrplan, den mir meine Tante noch mit auf den Weg gab. Wir zahlten schnell unser Essen und packten zusammen. Da Michi seine Sachen im ganzen Restaurant verstreut hatte, dauerte dies ein bisschen...
Und nun kam die Frechheit pur: Obwohl wir in der Schweiz waren, nahm der Schei.. Ticketautomat keine CHF. Die Zeit wurde immer knapper... Nach Rücksprache beim Infoschalter brachte ich in Erfahrung, dass das ein DEUTSCHER Automat auf einem SCHWEIZER Bahnhof war, und daher keine CHF nahm!!! Ich war leicht verwirrt, worauf der Infomensch sagte, dass der Badische Bahnhof von der DB geführt wird - sehr logisch für einen Touristen, oder? Also probierte ich EUR in den super Ticketautomaten - aber siehe da, auch die nahm er nicht... Die Zeit war schon echt knapp. Also, zurück zum Infoschalter, wo ich EURO-Scheine gegen Kleingeld wechseln wollte, damit wir uns dieses Schei.. Zugticket kaufen konnten. Als Antwort bekam ich jedoch nur: "Ich habe kein Geld, da müssen Sie woanders hingehen!". Ich wurde einfach nur wütend (das ist sehr sehr selten bei mir) und schimpfte über diese Schei.. Zustände hier und fragte noch, wie man denn so einen Zug pünktlich erwischen soll. Der ..... Infomensch lächelte nur. Daraufhin fragte ich, ob man auch ohne Ticket in den Zug kommt (da weiter vorne eine Passkontrolle CH-D angeschrieben war). Antwort: "Ja, aber das kann teuer werden!". Meine Antwort: "Des is ma wurscht, ich will den Schei.. Zug erwischen!". Ich winkte Michi her, der noch immer versuchte, den tollen DEUTSCHEN Ticketautomaten mit EUR zu bezwingen. Nachdem sich Michi mit seinen höllischen Schmerzen an den Füßen herbemühte - nur noch 5 Min. bis Abfahrt des letzten Zuges - gingen wir zum Bahnsteig. Dabei entdeckten wir zufällig einen weiteren Ticketautomaten, der seltsamerweise anstandslos funktionierte! 2 Min. vor Zugabfahrt stiegen wir mit jeweils einem 21 EUR Ticket in den letzten Zug nach Konstanz ein - Geschafft! Und tatsächlich wurden wir kurz darauf vom Schaffner kontrolliert. Erst um 00:15 kamen wir wieder bei meiner Tante in Konstanz an, wo wir nach einer wohltuenden Dusche todmüde aber sehr glücklich ins Bett flogen.
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